Die Untersuchungen haben ergeben, dass Sie an einem metastasierenden Prostatakrebs erkrankt sind. Krebszellen können sich über das Blut oder das Lymphsystem in verschiedene Organsysteme oder Gewebe ausbreiten. Prostatakrebszellen, die in andere Organe einwandern, werden Metastasen genannt. Sie besiedeln bevorzugt die Lymphknoten und die Knochen. Seltener finden sich Metastasen in Leber, Brustraum, Lunge oder im Gehirn.
Ein Tumor, der Metastasen streut, lässt sich zwar nicht heilen, aber es ist möglich, sein Wachstum und das der Metastasen therapeutisch zu verlangsamen. Ziel sollte sein, das Leben zu verlängern, Symptome zu lindern und soweit möglich, die Lebensqualität zu erhalten.
Ein Prostatatumor benötigt zum Wachstum und seiner Ausbreitung das männliche Geschlechtshormon Testosteron. Daher ist die erste Wahl der Therapie bei einem metastasierenden Prostatatumor der Entzug dieses Hormons.
Das hormonelle Aushungern des Tumors wird von Medizinern als Hormonentzugstherapie, hormonablative Therapie oder Androgendeprivationstherapie (ADT) bezeichnet. Die Hormonwirkung kann über drei Wege beeinflusst werden:
Bei der hohen Teilungsrate von Tumorzellen können über Jahre Zellvarianten auftreten, deren Wachstum nicht mehr so stark vom Testosteron abhängig ist. Mit der Zeit übernehmen diese „kastrationsresistenten“ Zellen zahlenmäßig den Tumor, der dann erneut zu wachsen beginnt.
Durch die bereits eingesetzten LHRH-Analoga oder LHRH-Antagonisten wird die Testosteronproduktion in den Hoden gesenkt. Das Hormon wird aber zu einem geringen Anteil auch in den Nebennieren hergestellt. An dieser „Produktionsstätte“ wirken die eingesetzten LHRH-Analoga oder LHRH-Antagonisten nicht, sodass die Testosteronproduktion nicht vollständig eingestellt wird. An dieser Stelle kommen die Neuen Hormontherapien, auch Antiandrogene genannt, ins Spiel. Sie blockieren die Aufnahme des noch verbliebenen Hormons in die Krebszellen.
Steigt trotz Hormonentzugsbehandlung der PSA-Wert erneut an, muss überprüft werden, ob der Testosteronspiegel im Blut ausreichend gesenkt ist (unter 50-20 ng/dl). Liegt ein niedriger Testosteronspiegel (= Testosteron unter 50 ng/dl) vor, kann angenommen werden, dass die Tumorzellen resistent geworden sind. Sie wachsen und vermehren sich also trotz Absenkung der Hormonkonzentration auf ein ähnliches Niveau wie bei einer Kastration (sog. Kastrationsresistenz). Jetzt können relativ neue antihormonelle Medikamente eingesetzt werden, die auch dann noch wirken, wenn sich der Krebs trotz niedrigen Testosteronspiegels weiter ausbreitet.
Versagt der Hormonentzug, können der Tumor und die Metastasen auch mithilfe einer Chemotherapie in ihrem Wachstum verlangsamt werden. Ziel ist es, die Folgen der Erkrankung möglichst gering zu halten, d. h. Beschwerden werden gelindert und die Lebenszeit verlängert. Eine Heilung durch Chemotherapie ist leider nicht möglich. Die sogenannten Chemotherapeutika (auch Zytostatika genannt) blockieren Vorgänge im Zellinneren, die für das Wachstum, die Teilung und den Stoffwechsel der Zellen wichtig sind. Dieser Vorgang benötigt Zeit. Es dauert daher Tage – manchmal sogar Wochen – bis eine erste Wirkung der Therapie spürbar wird.
Bei einer Chemotherapie wird das Medikament mithilfe einer Infusion in sechs Zyklen alle drei Wochen gegeben. Die etwa einstündige Behandlung kann ambulant, im Krankenhaus oder einer Praxis durchgeführt werden. Nebenwirkungen können ein Grund sein, die Behandlung abzubrechen.
Bei manchen Patienten sind neben der Chemotherapie weitere Therapien notwendig. Häufig müssen Schmerzmittel eingesetzt werden oder Medikamente bzw. eine Bestrahlung, die bei Knochenmetastasen den Knochenstoffwechsel unterstützen. Weiter können Steroidhormone (Kortison) in Tablettenform eingesetzt werden, die ebenfalls schmerzlindernd sowie gegen Appetitlosigkeit und Müdigkeit wirken.
Fragen zur Chemotherapie:
Chemotherapeutika schädigen in erster Linie Tumorzellen, da diese sich häufiger teilen als gesunde Zellen. Die hohe und schnelle Teilungsrate macht sie anfällig für Medikamente, die in diesen Prozess eingreifen. Eine Chemotherapie wirkt nicht nur auf Krebszellen, sondern auf alle Zellen des Körpers (systemische Behandlung). Insbesondere werden gesunde Zellen in Mitleidenschaft gezogen, die sich ähnlich schnell teilen wie die Krebszellen. Dies betrifft in erster Linie Schleimhautzellen (Mund, Rachen- oder Darmschleimhaut), die z. B. beim Stoffwechsel sehr gefordert sind und daher öfter „erneuert“ werden müssen. Auch Haarwurzelzellen, blutbildende Zellen im Knochenmark oder Nerven in den Händen oder Füßen können betroffen sein.
Müssen trotz Hormon- und Chemotherapie krebsbedingte Schmerzen vor allem in den Knochen behandelt werden, kann neben schmerzlindernden Medikamenten auch eine Bestrahlung der betroffenen Region sinnvoll sein. Mit einer Bestrahlung von außen oder aber auch von innen (mit Radionukliden) können die angegriffenen Knochen wieder stabilisiert und die Schmerzen spürbar gelindert werden.
Bei der Bestrahlung von innen werden strahlende Teilchen direkt in den betroffenen Knochen nahe der Metastasen eingesetzt. Weiter kann mit bestimmten Medikamenten (Bisphosphonate) der Knochenstoffwechsel aufbauend unterstützt werden. Eine weitere Möglichkeit, Knochenmetastasen zu schädigen, ist die intravenöse Gabe eines radioaktiven Stoffes (Radium-223), der sich bevorzugt in den von Metastasen befallenen Knochen einlagert. Sind Metastasen schon in andere Organe eingewandert, soll Radium-223 nicht angewendet werden.
Wichtig ist eine frühzeitig einsetzende Schmerztherapie. Damit soll verhindert werden, dass sich ein Schmerzgedächtnis entwickelt, welches Betroffene weiter in Richtung Schmerz sensibilisiert. Schmerzen bei Krebs müssen kein Schicksal sein. Mit einer modernen Schmerztherapie können sie weitgehend verdrängt werden, ohne von dem Medikament abhängig zu werden oder ohne Auftauchen von Gewöhnungseffekten.
Auch bei einem metastasierenden Prostatakrebs ist eine Verlaufskontrolle der Behandlung notwendig. Hiermit können die Wirkung der Medikamente, weitere Krankheitsfolgen, aber auch mögliche Nebenwirkungen überwacht und ggf. schneller behandelt werden.
Bei der Verlaufskontrolle stehen der PSA-Wert und die Frage nach Beschwerden im Vordergrund. Ein steigender PSA-Wert oder Schmerzen in den Knochen können beispielsweise ein Hinweis sein, dass Knochenmetastasen vorliegen oder die Erkrankung anderweitig fortschreitet.
In welchen Zeiträumen – z. B. während einer Hormonentzugstherapie – eine Verlaufskontrolle notwendig ist, hängt von individuellen Gegebenheiten ab. In der Regel wird bei einer antihormonellen Therapie nach Einstellung alle drei bis sechs Monate eine Verlaufskontrolle durchgeführt.
Neben der gezielten Behandlung des Tumors sollte gleichzeitig den Folgen der Erkrankung und den therapiebedingten Nebenwirkungen durch eine sogenannte supportive Behandlung vorbeugend begegnet werden (englisch; supportive = unterstützend). Hierzu gehört beispielsweise die Behandlung von Übelkeit, Erbrechen oder Schmerzen. Auch die gezielte Behandlung einzelner Metastasen oder Unterstützung bei psychischen und sozialen Problemen gehört zur supportiven Behandlung